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Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur Strickdesignerin & Passformexpertin

Claudia mit dunkelblauem Strickpulli mit kurzen Ärmeln, blauer Hose und gelber Kette mit Schriftzug knits

Ich konnte es kaum erwarten auf die Welt zu kommen, 4 Wochen vor dem errechneten Termin zum Geburtstag meines Opas, hatte es mir anders überlegt und musste kurz vor der samstäglichen Ziehung der Lottozahlen geholt werden. Meine Art, mich schnell für Dinge zu begeistern und sie dann fast genauso schnell wieder uninteressant zu finden, brachte meine Mutter in meiner Kindheit regelrecht zur Verzweiflung, während mein Vater mich meist machen ließ.  Wie sich später herausstellte, gibt es doch eine Sache in meinem Leben, die mit Unterbrechungen bis heute meine Leidenschaft ist: Das Stricken.
Hole dir eine Tasse Kaffe und lies einfach, wie es mir dabei erging.

 

  1. Das 1. Schulhalbjahr 1973: In der dritten Grundschulklasse war es soweit: Die Mädchen mussten Nadelarbeit lernen, die Jungs durften in der Werkunterricht – was habe ich sie beneidet! An den Nachmittagen, die ich als Kind oft bei meiner Oma verbrachte, hat sie mir, wenn ich etwas neues Kreatives lernen wollte, alles geduldig gezeigt  – Oma konnte alles: Nähen, Sticken, Teppiche knüpfen, Häkeln, Applizieren und natürlich auch Stricken. Ich konnte also bereits leidlich stricken. Nur als es meine Lehrerin im Unterricht wollte, hatte ich einfach keine Lust dazu. Stattdessen hatte ich meine Oma zuhause für mich stricken lassen und das einfach in der Schule als meine Arbeit ausgegeben.

 

Claudia packt ein Geschenk aus vor einem mit Lametta geschmückten Christbaum
Beim Geschenkeauspacken bei meiner Tante Rosi, Frankfurt Weihnachten 1973

 

  1. Januar 1979: Kleinteile waren mir inzwischen zu langweilig geworden und ich überredete meine Oma, dass ich mir Garn für einen Pullunder aussuchen durfte – die waren damals total chic. Die Anleitung aus dem Wollgeschäft war zum Glück schon zum Stricken in der Runde geschrieben. Super, aber meine Begeisterung war schnell wieder vergangen, als ich nach 5 cm Bündchen gemerkt hatte, dass mein Gestrick total verdreht war. Meine Mutter fühlte sich schon wieder bestätigt, dass ich immer alles mögliche anfange und dann landet es in der Ecke – das konnte ich dieses Mal nicht auf mir sitzen lassen und ich hatte den Pullunder fertig gestrickt. Die Ausschnitt- und Ärmelblenden hatte meine Oma anschließend angestrickt, das konnte ich zu der Zeit noch nicht.
  2. August 1979: Nach dem Pullunder ist vor dem Pullunder, denn es hatte mich wirklich gepackt und ich wollte gleich das nächste Teil stricken. Da meine Oma als Dauersponsor ausfiel, konnte ich mir von meinem Taschengeld zunächst nur billiges Garn aus dem Sonderangebot im Supermarkt leisten. Das hatte mich aber nicht gestört und nach zwei weiteren Pullundern war dann meine erste Strickjacke dran. Die Rückenteile und Ärmel waren einfarbig und die Vorderteile waren Rhomben in vier Farben, die jeweils mit einzelnen Knäuel gestrickt wurden. Das Garn gab es im Viererpack pro Farbe und meine Freundin Martina und ich haben es unter uns so aufgeteilt, dass es aufging: Ich nahm Dunkelblau und sie Grau als Grundfarbe und jede von uns hatte dann noch zwei Knäuel in Rosa und Mittelblau für die Rhomben.

 

Strickdesignerin Claudia Eisenkolb im Alter von 15 Jahren beim Pullunder stricken
Im Kleingarten meiner Eltern in Frankfurt-Nied beim Stricken meines 3. Pullunders, 1980

 

  1. Februar 1983: Ich hatte in der Zwischenzeit mein ganzes Taschengeld in Garn investiert und weil das nicht reichte, begann ich, mir nach der Schule als Aushilfe im Supermarkt etwas dazu zu verdienen. Ich kann heute nicht mehr zählen, wieviele Oberteile während meiner Schulzeit entstanden waren, die ich zeitweise auch in der Schule während des Unterrichtes gestrickt hatte. Schon zu dieser Zeit hatte ich mich geärgert, dass es in den Anleitungsheften oft nur eine Größe gab und das war oft 36 / 38 – da hatte ich eigentlich noch nie reingepasst. Selbst bei meinem ersten Pullunder hatte das Vorderteil 50 cm, es sollte ja auch keine Wurstpelle sein. Deshalb hatte ich mit Hilfe eines Papierschnittes angefangen, mir selbst Pullover zu entwerfen, die damals fancy waren und ich heute beim Betrachten der Fotos einfach nur noch peinlich finde.

 

Geburtstagsfeier mit Claudia in selbstentworfenen hellen Flauschpulli mit eingestrickten schwarzen Federn
Beim Geburtstagskaffeetrinken bei meiner Oma im selbstentworfenen Pullover, Frankfurt 1983

 

  1. Ende Januar 1984: Mein Studienfach wählte ich ganz pragmatisch, denn Jura, was mein Vater mir schmackhaft machen wollte, war so ziemlich das Letzte, das ich mir für mich vorstellen konnte. Ich nahm also das dicke grüne Buch, das wir von der Studienberatung des Arbeitsamtes bekommen hatten, und strich einfach alle Studiengänge durch, auf die ich keine Lust hatte. Übrig blieben zwei Bereiche: Ein Ingenieurstudium und kreative Fächer wie Grafikdesign oder Innenarchitektur, für das es mit meinem Notenschnitt von 2,3 gerade noch gereicht hätte. Ich konnte mir damals aber nicht vorstellen, auf Befehl kreativ zu sein, also fing ich an Verfahrenstechnik an der University of Applied Science in Frankfurt zu studieren.

 

Claudia im Blaumann an einen Metallsoind gelehnt
Im Frauenwaschhaus der Cassella AG Frankfurt während des halbjährigen Betriebspraktikums, 1984

 

  1. Irgendwann 1986: Die Begegnung mit dem größten Feind jeder Strickerin und jeden Strickers hatte ich in meinem dritten Semester im Studentenwohnheim, in das ich zum Studieren gezogen war. Raus vom Zuhause als Einzelkind und rein in eine Gemeinschaft mit anderen Studierenden war einfach nur großartig und gab mir endlich mehr Eigenverantwortung. Mein 10 Quadratmeter großes Zimmer konnte ich so gestalten, wie ich es wollte und mein, zu dieser Zeit noch bescheidene Wollvorrat, bekam seinen Platz in einem Weidenkorb neben meinem Bett. Dort lag auch ein wunderschöner Rundpassenpullover aus dünnem Alpakagarn in einem dunklen Braun als Grundfarbe und einen Natur, das ich für die Bündchen verwendete und aus dem auch das Muster der Rundpasse werden sollte – doch soweit kam es leider nicht mehr. Du kannst dir sicher vorstellen, was in den Monaten, in denen ich mein Strickzeug nicht angerührt hatte, passiert war: MOTTEN hatten sich meinen angefangenen Pullover schmecken lassen und ich konnte nur noch den Korb samt Inhalt in unserem Müllschlucker in der Küche versenken.

 

Claudia lachend in hellem Sweatshirt mit Silberkette vor Küchenschränken
In der Küche des Studenwohnheims Porthstraße 1-3 des Studentenwerks Frankfurt, 1986

 

  1. Zweiter Weihnachtsfeiertag 1998: Dieser Tag war der bislang folgenreichste meines bisherigen Lebens und hatte mir als Konsequenz sehr viel Zeit zum Stricken beschert, nachdem ich einige Jahre gar nicht gestrickt hatte. Was war passiert? Wir hatten einen schweren Autounfall, bei dem auf der Landstraße ein anderes Auto mit einem betrunkener Fahrer, der die Kurve nicht bekommen hatte, frontal mit unserem Auto zusammenstieß – es ging alles so schnell, dass mein Mann keine Chance zum Ausweichen hatte. Nachdem die Feuerwehr mich aus unserem Auto rausgeschnitten und mich als Amputation meines rechten Fußes ins Krankenhaus eingeliefert hatte, folgten während des 4-monatigen Krankenhausaufenthaltes unzähligen Operationen, die meinen Fuß noch retten konnten. Weitere 8 Monate durfte ich meinen Fuß nicht belasten und ich saß neben der täglichen Krankengymnastik nur zuhause rum und hatte nichts zu tun. Ich ließ mir von meinem Mann Strickzeitschriften kaufen, hatte mir darin 2 Wollgeschäfte rausgesucht und von ihnen Farbmusterkarten schicken lassen, damit ich danach Garne und Stricknadeln telefonisch bestellen konnte – das Pulloverstricken machte diese Zeit für mich um einiges erträglicher.
  2. Ende 2005: Stricken und Internet hatten für mich absolut keine Schnittmenge, als eine bekannte Frauenzeitschrift, die ab und an einfache Strickanleitungen veröffentlicht, in diesem Zusammenhang auf ihr Forum im Internet hinwies. Das Forum und die Strickthemen darin fand ich ziemlich uninteressant, aber beim  weiteren Surfen landete schließlich auf einem Strickblog namens „Nadel und Faden“ von Beate Zäch, den fand ich richtig toll (es gibt ihn leider nicht mehr, hätte ihn gerne verlinkt). Ich beschloss, sowas wollte ich auch machen und mich mit anderen Strickerinnen und Strickern austauschen, so schwierig würde das ja nicht sein. Ich startete mit dem Bloganbieter myblog.de, den es heute nicht mehr gibt, meinen ersten Blog und nannte ihn himawari, japanisch für Sonnenblume. Dieses Netzwerk aus Strickbloggern und Strickbloggerinnen war einfach großartig, in den Zeiten bevor es Yahoo®-Gruppen, Facebook® und Instagram® gab.

 

Claudia vor einen Palme im Wohnzimmer mit einem Pulli im Farbverlauf in Rosa bis Braun
Handgestrickter Pulli, der stark pillte und schnell in der Tonne landete, Frankfurt 2005

 

  1. 22. Februar 2006: Aus Online wurde Offline – der Start des Frankfurter Stricktreffs und wie es dazu kam. Ende Januar fand ich zufällig in einem Forum namens stricktstricken.de (habe ich leider nicht mehr gefunden zum Verlinken) einen Eintrag von Sabine aus Glashütten, die jemanden zum gemeinsamen Stricken im Raum Frankfurt suchte. Obwohl der Eintrag schon ein Jahr alt war, meldete ich mich und wir trafen uns kurz darauf in Frankfurt in einer rauchfreien (ja, damals durfte in Kneipen und Restaurants noch geraucht werden) Teelounge. Da wir es beide Klasse fanden, schrieb jede von uns auf ihrem Blog davon und innerhalb kurzer Zeit waren wir schon zu fünft. Jetzt brauchten wir noch einen Namen und ich hatte unseren neuen Stricktreff kurzerhand meet to knit genannt und direkt einen weiteren Blog für ihn angelegt. Wir treffen uns immer noch, inzwischen haben sich aus unterschiedlichen Gründen die Teilnehmerinnen geändert, aber der harte Kern ist immer noch dabei. Es hat sich leider nur einmal ein strickender Mann zu uns getraut, der auch nach ein paar Mal nicht mehr wieder kam, an uns kann es nicht gelegen haben.

 

Claudia Eisenkolb beim Frankfurter Stricktreff meet to knit 2006
Mit Claudia beim Stricktreff im Teelirium, Frankfurt 2006

 

  1. Januar 2006: Wenn du Englisch in der Schule hattest, dürften englischsprachige Strickanleitungen kein Hindernis sein, sondern es ist nur ein bisschen Vokabeln lernen – aber mit legalen Spickzetteln. Die erste englische Strickanleitung ist mir im Internet über den Weg gelaufen und zwar auf der amerikanischen Plattform knitty.com. Dort gibt es bis heute mehrmals im Jahr kostenlose Strickanleitungen und du kannst schon mal ausprobieren, ob du damit zurechtkommst. Da sich die Seite selbst finanziert und auch die Designerinnen und Designern bezahlt, die ihre Anleitungen dort öffentlich frei zugänglich machen, unterstütze ich diese Seite immer noch finanziell über Patreon, obwohl ich nur sehr selten Zeit habe, andere Anleitungen zu stricken. Ich hatte mich zunächst mit einem einfachen Projekt an meine erste englischsprachige Anleitung getraut: Den Wavy, ein Schal, bei dem Längsstreifen aus rechten und linken Maschen alle paar Reihen versetzt werden und so das Wellenmuster entsteht.
  2. 30.Juni 2007: Von Frankfurt über Amerika in die ganze Welt – ab diesem Tag hatte sich meine Strickwelt ein weiteres Mal erweitert. Klar, im Internet hatte ich über meinen Blog durch diverse Aktionen Kontakte nach England und Amerika geknüpft, aber das hier war etwas vollkommen Neues und Großartiges für mich. Meine Strickfreundin Eva hatte von einem neuen Strickforum aus Amerika namens Ravelry gehört und sie hatte einen Empfehlungs-Link, über den man sich bei Interesse als Betatester anmelden konnte. Und ob ich das wollte! Nach etwa 4 Wochen hatte das Warten ein Ende und ich durfte mich offiziell anmelden, mit himawari als Username natürlich, denn so kannten mich ja schon viele. Dort konnte ich nun alle meine Projekte, die ich zuvor auf einer Extraseite auf meinem Blog dokumentiert hatte, in gut strukturierten Projektseiten – eine Seite pro Projekt, mit allen Details wie Garn, Garnverbrauch, Nadelstärke, Größe, welche Anleitung ich verwendet hatte, eintragen und in unterschiedlichen Listen meinen nun schon größeren Garnvorrat sowie meine gesammelten Sticknadeln dokumentieren, um die Informationen auch unterwegs immer zur Hand zuhaben.
  3. 18. August 2009: Ravelry war so viel mehr als nur ein „Notizbuch“ für Strickprojekte, dort konnten Designerinnen und Designer ihr Anleitung einstellen und entweder kostenlos oder zu einem von ihnen festgelegten Preis verkaufen. Ich hatte ein paar Monate vorher meine erste Socke gestrickt, die an der Spitze anfing und dann über die Ferse nach oben zum Bündchen gestrickt wurde, das war eine ganz neue Technik für mich. Ich dachte, es wäre doch mal nett, eine Sockenanleitung auf der Basis dieser Konstruktion zu schreiben mit einem netten Muster aus einem meiner vielen Mustersammlungen. Gedacht, getan, und weil auf Ravelry alles auf Englisch war (es gibt inzwischen auch jede Menge Foren in Deutsch und anderen Sprachen) und dies auch die Sprache ist, die die meisten Mitglieder verstehen, habe ich meine ersten Anleitungen auf Englisch geschrieben. Nachdem ich mich offiziell als Designer auf Ravelry beworben hatte und freigeschaltet wurde, konnte ich an diesem Dienstag meine erste eigene Strickanleitung Sumire Socks, benannt nach der Garnfarbe, japanisch für Veilchen, dort hochladen und seitdem steht sie dort kostenlos zum Download zur Verfügung.
  4. 20. Juli 2011: Wie ich beim Teetrinken in London etwas über die Schulterbreite gelernt habe und warum das ein, wenn nicht sogar das wichtigste, Puzzleteil auf meinem Weg zur Passformexpertin war. Meine Strickfreundin Anke und ich waren beim Strickfest Knit Nation in London, als wir uns eine Pause gönnten zum Teetrinken und Stricken und dabei über unsere Erfahrungen mit dem Sitz von Oberteilen über die Schultern sprachen. Ich weiß nicht mehr, wer von uns beiden auf die Idee kam, uns gegenseitig unsere Schulterbreite auszumessen, unter den irritierten Blicken der übrigen Teehausbesucher. Und das Ergebnis war die Antwort, warum mir vor allem Raglanstrickjacken von der Schulter rutschten. Meine Schulterbreite war einfach 3–4 cm schmaler als die Maße, die den meisten Strickanleitungen für die Größe zugrunde lag, die ich für meine Oberweite brauchte – und für mich der Anlass, nun endlich Strickanleitungen an meine Maße anzupassen.
  5. August 2014: Meine erste Strickanleitung, die ich wirklich als Design bezeichnen würde, war mein Beitrag zum E-Book Berlin – Wrapped in Red, das meine beiden Berliner Freundinnen Marion und Steffi von Yarn over Berlin, mit dem Garnhersteller Malabrigo auf Ravelry veröffentlichen wollten. Bei mir lag zufällig ein einzelner roter Strang Malabrigo Socks herum und ich setzte mir in den Kopf, daraus ein möglichst großes Tuch zu entwerfen. Mit meiner mathematischen Formelsammlung aus der Schulzeit setzte ich mich hin, kritzelte ein bisschen herum, rechnete Flächen aus und stellte überrascht fest, dass ein Fünfeck in der Mitte und zwei langgezogene Dreiecken rechts und links als Gesamtform wieder ein Dreieck ergaben. Und nicht nur das, die Fläche des Fünfecks war nahezu gleich wie die beiden Dreiecke zusammen. Ich musste also nur einen Teil des Fünfeckes stricken, das maximal 40 Meter Garn verbrauchte – et voîlá: Es klappte! Alle Designs sollten Namen Berliner Stadtteile bekommen und was passte besser als alles andere zu meiner Tuchanleitung: Berlin Mitte.

 

Fotos vom Strickdesign des Berlin Mitte Shawl
Skizze der Konstruktion für das Berlin Mitte Tuch, Frankfurt Frühjahr 2015

 

  1. 10 Juni 2015: Aber da ging doch noch mehr als nur einfach ein Tuch aus dieser Fünfeck-Form! Es folgten 3 verschiedene Mützenformen, fingerlose Mitte und Fausthandschuhe, aber noch nicht genug, fragte eine Strickfreundin, die nichts für Kleinteile übrig hatte: „Mach doch mal ein Oberteil daraus, das stricke ich dann!“ Umpf, wie sollte das denn funktionieren? Zwei große Fünfecke, eins als Vorder- und eins als Rückenteil, auf eine der Seiten stellen, ein Bündchen für den Saum anstricken, die obere Spitze ‚abschneiden‘ für den Halsausschnitt und rechts und links die Ärmel dran – und auch das funktionierte! Ich hatte meine allererste Oberteilanleitung, den Berlin Mitte Sweater, entworfen, ich konnte es kaum fassen und danach gab es für mich kein Halten mehr – aber im Hinterkopf noch mit dem alten Gedanken von früher, was ist, wenn mir die Ideen ausgehen?
  2. 3. September 2016: Manchmal musste man mich zu meinem Glück mehr als überreden, und wieder mal hatten meine beiden Berliner Freundinnen Marion und Steffi ihre Hände im Spiel. Sie hatten einen Stand auf dem Wollfest in Hamburg für ihr Woll-Business gebucht und redeten auf mich ein, ich solle doch mit meinen Anleitungen mit zu ihnen an den Stand kommen und sie dort zum ersten Mal Live und in Farbe präsentieren. Ich lies mich überzeugen und hatte mit einigen Mädels aus unserem Frankfurter Stricktreff schon im Vorfeld Unterstützung, und zwei der zugehörigen Männer halfen mir mit einem Logo, dem dazugehörigen CD und der Markenanmeldung für himawari knits. Ich ließ die Anleitungen professionell drucken, ebenso Visitenkarten und ein Roll-Up und besorgte mit beim bekannten schwedischen Möbelhaus Kisten für den Transport sowie einen Kleiderständer samt Bügel. Naima, die Inhaberin des Hamburger Wollgeschäftes mylys und eine der Organisatorinnen des Wollfestes, verkaufte mir eine 50 cm breite Standfläche neben den Berliner Mädels, damit ich meinen Stand aufbauen konnte. Meine Frankfurter Mädels unterstützten mich tatkräftig dabei und auch beide Tage an meinem Stand. Nach anfänglichem Bammel, wurde ich zusehends lockerer, wenn ich meine Modelle zeigte und meine ersten Kundinnen beraten konnte.
 
Strickdesignerin Claudia Eisenkolb bei ihrem ersten Wollfest in Hamburg 2016
Mein kleiner Stand beim Wollfest Hamburg, 2016

 

  1. Sommer 2017: Ich fand eine E-Mail in meinem Posteingang von Jana, einer der beiden Handfärberinnen von Frida Fuchs aus Berlin, für die ich im Jahr zuvor ein Socken- und ein Tuchdesign aus ihren Garnen entworfen hatte. Sie fragte bei mir an, ob ich denn nicht Zeit und Lust hätte, bei ihnen im Laden einen Workshop zu halten, und schlug mir zwei Themen vor, die ich zwar hätte fachlich abdecken können, mir aber nicht wirklich Freude machten. Also überlegte ich, was ich denn wirklich gut konnte: Oberteilanleitungen an meinen Körper anpassen, das könnte doch auch für andere Strickerinnen interessant sein. Ich arbeitete ein Konzept aus, in dem ich alle die Puzzleteilchen, die ich im Laufe der Jahre zusammengesammelt hatte, zu einem schlüssigen Ganzen zusammensetzte und fasste sie in einem kleinen Workbook zusammen. Den Workshop nannte ich Endlich ein Oberteil, das (zu) mir passt und ich fuhr mit etwas Angst nach Berlin, was sich sich als überflüssig erwies, denn es war ein voller Erfolg und meine Teilnehmerinnen und ich waren überglücklich danach.

 

Fotos vom Workshop Endlich ein Oberteil stricken, das (zu) mir passt bei Frida Fuchs in Berlin
Mein erster Passformworkshop bei Frida Fuchs, Sommer 2017

 

  1. Februar 2020: Wieder war eine E-Mail, die mich überraschte, in meiner Mailbox gelandet und zwar von der Verlegerin Melanie Stiebner, ich auf mich im Internet auf der Website von www.naturesluxury.com aufmerksam wurde, auf deren Gourmet Retreat ich meinen Workshop mit 30 Teilnehmerinnen im Herbst davor gehalten hatte. Frau Stiebner fand das Thema interessant für ein Buchformat, da es darüber, im Gegensatz zu diesem Thema in Nähumfeld, noch kein Buch gab, das das Anpassen von Strickanleitungen auf die eigene Körperform behandelte. Wir telefonierten und besprachen das Thema und der nächste Schritt sollte sein, dass ich ein Inhaltsverzeichnis und ein Probekapitel schreiben sollte, damit sie sehen konnte, ob sie es weiter verfolgen wollte. In meinem Kopf drehte sich alles, ich wusste nicht, wie ich anfangen sollte, was alles an Inhalten rein sollte und ich bekam nasse Füße und kniff – bis ich ein Jahr später Yvonne Kraus kennenlernte. Yvonne ist Autorin und Buchcoachin und mit ihrem tollen Online-Kurs Buchheldinnen bin ich mein Buch endlich professionell angegangen und gerade mittendrin mit dem Schreiben, dazu demnächst mehr.
  2. Februar 2021: Mein Sprung ins kalte Wasser brauchte einen kräftigen Stups, den mir sprichwörtlich Sigrun Gudjonsdottir mit ihrem SOMBA Kickstart-Kurs verpasste. Ich war schon länger am Überlegen, wie ich mehr Strickerinnen helfen kann, einen gut sitzenden Pullover zu stricken, in dem sie sich sauwohl fühlen würden, und hatte 2020 schon viel Geld in mich investiert, um einen Online-Kurs zu erstellen, der sowohl mich als auch die Strickerinnen zeit- und ortsunabhängiger machen zu können. Ich war echt lange rumgeeiert, bevor ich Sigruns Kurs buchte und dann einfach genau ihren Anweisungen befolgte und mit 135 Teilnehmerinnen meinen vierwöchigen kostenlosen Betakurs Mach’s passend – endlich gut sitzende Oberteile stricken und sich darin wohl fühlen launchte. Die hohe Taktzahl, jeden Montag eine Video-Lektion zu veröffentlichen inkl. Workbook, donnerstags ein Live-Q&A über Zoom zu machen und das Feedback, das ich mir von den Teilnehmerinnen einholte, am folgenden Sonntag in der nächsten Video-Lektion aufzunehmen und das Werkbuch dazu zu erstellen, führte dazu, dass ich mich danach komplett ausgelaugt fühlte. Das sehr wertvolle Feedback meiner Teilnehmerinnen hatte ich erstmal sacken lassen und meine anschließende Selbstreflexion mit dem nötigen Abstand, ist eine gute Basis für mich, den Kurs zu demnächst zu überarbeiten und erneut zu launchen.
  3. Heute: Ich bin Strickdesignerin und Passformexpertin. Und das ist mein erster Blogartikel nach 7 Jahren und es fühlt sich gut an. Ich bin zur Zeit an mehreren geheimen Strickprojekten und schreibe weiter an meinem Buch. Der Online-Kurs wird leider noch etwas warten müssen, denn, das habe ich bei meiner Geschichte ganz vergessen zu erzählen, ich habe zwar mein Studium mit Diplom abgeschlossen, aber nie in diesem Beruf gearbeitet. Ich bin seit mehr als 25 Jahren hauptberuflich bei einem großen IT-Dienstleister in wechselnden Rollen tätig. Bis zu meinem zweiten Burnout 2015 Vollzeit, seitdem habe ich auf  4 Tage je 8 Stunden reduziert, und das Designen und Lehren mache ich nebenberuflich selbständig. Und wer lieber vor Ort im Wollgeschäft lernt, auch dort wird es neue Termine für meinen Workshop geben.

    Kennen wir uns schon oder ist das hier das erste Mal, das du etwas von mir liest? Lass mir gerne einen Kommentar unter diesem Post da.
 
 

33 Antworten

  1. Hallo Claudia, ich habe deinen Post mit großem Interesse gelesen. Wir haben uns ja schon zweimal in Papenburg gesehen. Ich fand es immer sehr schön mit dir zu plaudern.
    Jetzt freue ich mich gerade sehr, wenn ich lese, dass du wieder neue Designs rausbringst.

    Viele liebe Grüße
    Angela

  2. Hallo Claudia,
    vielen Dank für die spannenden Einblicke in deinen Lebenslauf. Sich schnell von Dingen be- aber auch ebenso schnell wieder entgeistern lassen, das kommt mir nur allzu bekannt vor.
    Für dein Buch wünsche ich dir alles Gute! Ich selbst habe mein erstes eigenes Buch im September 2021 veröffentlicht und durfte in den letzten 2,5 Jahren insgesamt schon 18 Bücher gestalten.
    LG Vera

    1. Hallo Vera,

      vielen Dank für deinen netten Kommentar. Wovon handelt denn dein Buch? Ich bin nämlich auch ein neugieriger Mensch 😊. Mit Bücher gestalten meinst du das Layout? Ich weiß nicht, inwiefern ich darauf Einfluss nehmen kann, wenn ich bei einem Verlag veröffentliche, ich lasse das mal auf mich zukommen.

      Viele Grüße Claudia

  3. Liebe Claudia, was für ein schöner Anfang! Mein Essen auf dem Herd ist fast verbrannt, weil ich nicht aufhören konnte zu lesen. Toll geschrieben und sehr interessant! Ich freu’ mich auf mehr! Liebe Grüße Karin

  4. Liebe Claudia,

    wie schön, dass du nie die Lust am Stricken verloren hast. Bei mir sind es derzeit eher Socken oder Babysachen. Das geht schneller und das Strickzeug passt in die Handtasche.

    Gerne erinnere ich mich an die gemeinsame Zeit im Studentenwohnheim.

    Wenn der Stricktreff wieder stattfindet, bin ich gern mit dabei. Frankfurt hat mich nämlich wieder.

    Liebe Grüße
    Frau Claudia

    1. Ach, meine Namensvetterin, was für eine Überraschung! Ja klar, wenn es jetzt wärmer wird und wir draußen sitzen können, können wir sicher in absehbarer Zeit wieder Termine für Stricktreffen machen. Alles Gute für dich und bis bald. Liebe Grüße Claudia

  5. Ein toller Stricklebenslauf! Ich habe die ganze Zeit überlegt, ob wir uns vielleicht als Kinder mal über den Weg gelaufen sind.
    Ich mag deine Designs und freue mich, dass du deinen Blog reaktiviert hast. Ich komme bestimmt jetzt öfter lesen was bei dir los ist!
    Liebe Grüße
    Andrea

    1. Freut mich, dass er dir gefällt Andrea. Wie du vielleicht gemerkt hast, ist mein Aktionsradius bis auf einige Reisen immer Frankfurt gewesen. Wenn du auch aus der Nähe bist, kann es durchaus sein, dass wir uns mal begegnet sind. Wenn nicht können wir das aber auch gerne nachholen. Liebe Grüße Claudia

      1. Hallo Claudia,

        wollte nur kurz schreiben: Ich habe es tatsächlich heute abend geschafft, deinen wirklich schönen Blogartikel zu lesen. Auch wenn Stricken nicht mein Thema ist ( bin unbewusst rechts statt linkshändig (was ich eigentlich bin) ausgebildet worden, ich wurde mich jahrelang von meiner Oma „gequält“, ich solle doch besser stricken lernen. Die schlechten Resultate haben mir Handarbeiten generell verleidet.), ich kenne superviele tolle Frauen und Männer, die ich nach dem Lesen des Blogs gerne mal mit dir verbinden würde. Auf dein Buch bin ich gespannt, toller Blogartikel, danke schön für Teilen!

        1. Hallo Insa, das kannst du gerne tun. Meine beiden besten Strickfreundinnen sind übrigens beide Linkshänderinnen. Eine von ihnen strickt spiegelverkehrt, was bei Einstrickmustern manchmal vorher etwas Gehirnschmalz braucht, damit es am fertigen Teil dann richtig aussieht. Die andere strickt wie die meisten Amerikanerinnen, die den Faden mit der rechten Hand führen und ihn dann von rechts hinten nach vorne und die Nadel werfen.
          Das lässt sich also lösen 😉 Gruß Claudia

  6. Hallo Claudia,
    in meinem Buch „10 Wochen zu früh – Ein einschneidendes Erlebnis“ erzähle ich meine persönliche Geschichte über Selbstvertrauen, Stärke und den Mut, mein Leben als Zwillingsmama und Unternehmerin so zu gestalten wie es für mich richtig ist. Ich möchte damit anderen Frauen Mut machen, ihr Leben passend zu den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten.
    Ja, genau, ich gestalte Bücher = Cover und Innenteil für Selfpublisher*innen.
    Bei einem Verlag kommt es darauf an um welchen Verlag es sich handelt. Soweit ich weiß, hast du da meistens nicht so viel Mitspracherecht bei der Gestaltung.
    Liebe Grüße
    Vera

  7. Hallo Claudia, deinen Blog zu lesen, war sehr kurzweilig. Er ist toll geworden. Deinen Weg in die Welt des Strickens kenne ich und habe ich größtenteils auch so erlebt. In der Schule stricken war total angesagt. Und weil ich auch nicht das Geld für Wolle hatte, habe ich Auftragsmodelle für ein Wollgeschäft und einen Kinderladen gestrickt. Da ich auch aus Frankfurt (Sachsenhausen) komme, würde ich gerne mal zum Stricktreff kommen. Übrigens studiert meine Tochter Verfahrenstechnik im 6.Semester.
    Liebe Grüße Ute

    1. Hallo Ute, danke dir für das nette Feedback. Ja, ich werde die Planung für neue Termin für unseren Stricktreff nach Pfingsten mal wieder angehen. Und dass deine Tochter Verfahrenstechnik studiert, ist ja wirklich ein gelungener Zufall 😀 Liebe Grüße Claudia

  8. Hallo Claudia,

    Super toll geschrieben , vielen Dank für deine Stricklebenslauf.
    Manchmal habe ich mich darin wiedergefunden 🤔
    Für deine Buch drücke ich dir die Daumen und freue mich aufs lesen wenn es in fertig ist.
    Nach weitere so liebe Grüße Ilona

    1. Hallo Ilona, lieben Dank für das nette Kompliment, da werde ich ja direkt rot. Das Schreiben ist ja noch der eine Teil des Buches, da kommen ja noch Zeichnungen und Fotos rein, damit alles anschaulicher wird. Und natürlich auch Anleitungen, damit du das Gelernte auch gleich umsetzen kannst. Liebe Grüße Claudia

    1. Lieben Dank Ingrid, so bin ich halt, wenn mich etwas fasziniert, dann hänge ich mich da auch voll rein. Seit 2005 hatte ich keine Pause mehr, ich habe über die Jahre so viel gelernt, das ich immer auch gleich umsetzen wollte. Deshalb wird es auch das Buch geben und den Onlinekurs und die Vor Ort Workshops. Liebe Grüße Claudia

  9. Hallo Claudia,
    vielen Dank für Deine Geschichte, die sehr unterhaltsam ist. Ich bewundere Dein Durchhaltevermögen! Ich bin mehr der UFO Sammler, leider. Neues tolles Muster oder Wolle gefunden (ich kann an keinem Wollgeschaft vorbeigehen) und fix angenadelt, aber dann kann es schon mal länger liegen bleiben, denn es gibt ja soviel schönes neues….
    Einiges kam mir auch bekannt vor, die Episode, wo Du Deine Anfänge mit wenig Geld schilderst, erinnert mich sehr an unsere (meine Schwester und ich) Anfänge.
    Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und freue mich auf die nächsten blogs.
    Liebe Grüsse
    Reni

    1. Hallo Reni, vielen lieben Dank für deinen netten Kommentar. Wenn ich nicht an einer Sache dran bleibe und es dann zu lange rumliegt, mache ich es nie fertig. Und das finde ich dann schade und es wird auch auf die Dauer ganz schön teuer, deshalb ich ziehe es dann durch. Und freue mich an meinem fertigen Strickstück. Liebe Grüße Claudia

  10. Hallo Claudia,
    das liest sich super – und humorvoll dazu 😉 Du wusstest wirklich schon sehr früh, was du möchtest…Schön, dass du in deiner Oma eine große Untestützung gefunden hast. Ich musste beim Lesen an meine Oma denken, die auch noch allerlei Handarbeiten machte – zwar nicht strickte, aber sehr gut im Sticken und feinen Häkeln war. Bei ihr wurden sogar Tischdecken und Stofftaschentücher umhäkelt und bestickt.
    Ich selbst konnte mich jedoch nicht dafür begeistern. Gestrickt gab es auch nur einen tollen Norweger-Pulli in alternativen Farben… und ein kesses Top… Ich entdeckte damals meine Liebe zu Stoffen und zum Nähen.
    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg beim Stricken und Bloggen!
    Liebe Grüße
    Ulrike

  11. Erst mal herzlichen Glückwunsch zum ersten Blogbeitrag nach 7 Jahren. Der hat sich gelohnt, ich habe ihn sehr gerne gelesen. Ich kann mich auch noch an meinen ersten Pullunder in den 90er erinnern – in Graublau. Ich hab‘ tatsächlich nicht jeden Pulli fertiggestrickt. Entweder scheiterte ich irgendwann am Muster, hatte keine Lust mehr oder sie passten sowieso nicht. Nachdem ich das Nähen für mich entdeckt hatte, war Schluss mit Stricken. Bis auf Socken, Tücher und Mützen *hahaha*. Ich finde Stricken ein wunderbares Hobby und Deine Idee klasse.

    Herzliche Grüße aus München von Marita

    1. Liebe Marita, ganz lieben Dank für deinen netten Kommentar. Schade, dass du keine Oberteile mehr strickst. Wenn es dir nur zu lange dauert, bis sie fertig sind, versuche es doch mal mit einem einfachen Sommeroberteil 😊
      Liebe Grüße aus Frankfurt
      Claudia

  12. Ich habe gerade erst gesehen, dass du letztes Jahr wieder mit dem bloggen angefangen hast, deshalb ein reichlich später Kommentar.
    Wir kennen uns ja schon ein paar Jahre, mir war allerdings nicht klar (dir wahrscheinlich auch nicht), dass wir _beide_ gerade einen Burnout hatten, als wir uns auf dem Yarncamp kennengelernt haben.Schön, von dir zu lesen, wundervoll geschrieben – und ich hoffe, wir sehen uns bald mal wieder auf dem Yarncamp.
    Liebe Grüße aus Bremen
    Doerthe

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